„Gedanken zur Fotografie“: Wie Erik Schlicksbier mit seinem Zine die Lust am Selbermachen und Drucken von Bildern weckt

Bücher, Notizhefte und Ideen: Auf dem Tisch liegt Eriks Zines Gedanken zur Fotografie, daneben sein Bildband Broken Body und ein Skizzenbuch – sinnbildlich für seine Leidenschaft, Gedanken nicht nur digital, sondern auch auf Papier festzuhalten. © Erik Schlicksbier

Erik Schlicksbier ist Fotograf, Dozent und leidenschaftlicher Verfechter des gedruckten Bildes. Weil er sich über die Einseitigkeit vieler Fotomagazine ärgerte, gründete er kurzerhand sein eigenes: “Gedanken zur Fotografie”. Im Gespräch erzählt er, warum Print lebendiger ist, als viele glauben, wie ein Zine entsteht – und weshalb Fehler manchmal die besten Lehrer sind.

Man kann sich über Dinge beschweren – oder Teil der Lösung sein.
— Erik Schlicksbier
 

Manchmal entstehen die besten Projekte aus Unzufriedenheit. „Man kann sich über Dinge beschweren – oder Teil der Lösung sein“, sagt Erik Schlicksbier.

Er hatte genug von Fotomagazinen, die sich fast nur noch um Technik drehten. Keine Geschichten, keine Autorschaft, kein Diskurs. Also machte er, was viele denken, aber wenige tun: Er gründete sein eigenes Magazin.

Das Ergebnis heißt “Gedanken zur Fotografie” – eine Mischung aus Essay, Magazin und persönlichem Labor.

Inzwischen – Stand November 2025 – liegt die vierte Ausgabe in Arbeit.

Und das Schönste: Sie inspiriert andere, selbst aktiv zu werden.

Vom Ärger zur Idee

Was tun, wenn die Zeitschriften am Kiosk nur noch Objektivtests bringen?

Für Schlicksbier war klar: „Wenn es die Hefte nicht gibt, auf die ich Bock habe, mache ich sie selbst.“

Anfangs wollte er einfach nur eine Druckerei ausprobieren – ohne konkretes Konzept:

„Irgendwas zu drucken, fand ich doof. Also dachte ich, mach was, das Sinn macht.“

So entstand spontan die erste Ausgabe seines Zines.

Die Resonanz überraschte ihn: Trotz kostenloser PDF-Version wollten viele das Heft in der Hand halten.

Das war für mich der Beweis, dass Print nicht tot ist. Menschen wollen etwas Haptisches, etwas Echtes.
— Erik Schlicksbier

Print lebt – aber anders

Statt auf große Auflagen setzt Schlicksbier auf kleine, risikoarme Serien. „Ich bestelle immer 40 Exemplare. Wenn die weg sind, kommen neue.“

So bleibt jedes Heft überschaubar – finanziell und logistisch. Wichtiger ist ihm die Idee:

Ich will zeigen, dass Zines leicht umsetzbar sind. Sie sind eine wunderbare Vorübung für Bildbände.
— Erik Schlicksbier

Wer mit Layout, Typografie oder Sequenzierung experimentieren will, kann das im Mini-Format risikolos tun. „Man lernt alles, was man später für größere Projekte braucht – für 80 Euro Druckkosten.“

Schreiben gehört zur Fotografie

Viele Zines bestehen nur aus Bildern – für Schlicksbier verschenktes Potenzial. „Texte geben Bildern Tiefe. Sie erzählen, warum jemand fotografiert, was ihn antreibt.“

Er motiviert deshalb, über die eigene Arbeit zu schreiben. Und wenn das Schreiben schwerfällt? „Dann lasst euch von ChatGPT helfen – aber bitte nur, um eure Gedanken zu glätten, nicht um sie zu ersetzen.“

Für ihn geht es nicht um Stil, sondern um Autorschaft:

Ich will wissen, was jemand denkt, nicht nur, was er fotografiert.
— Erik Schlicksbier

Inspiration und Austausch

Die Idee zum Magazin kam durch ein Zine eines Hörers, das ihm zugeschickt wurde – ein poetisches Projekt mit Gedichten und fremden Bildern: „Allein das hat mich getriggert. So können Kettenreaktionen entstehen.“

Heute wünscht er sich, dass es mehr Vernetzung zwischen Zine-Machern gibt – ähnlich wie in den USA.

Hierzulande gehen viele tolle Projekte einfach unter. Es fehlt an Sichtbarkeit und Orten, wo man sie entdecken kann.
— Erik Schlicksbier

Fehler als Feature

Schlicksbier spricht offen über Fehler – und wie sie Lernchancen eröffnen.

In seiner SHEROES-Serie, in der er junge Mädchen als kämpfende Figuren porträtiert, wies ihn jemand darauf hin, dass ein Bogen falsch herum gespannt war.

„Erst dachte ich: Super, danke auch. Aber dann habe ich gemerkt: Es ist doch perfekt! Auch in Filmen gibt es Fehler – warum nicht auch in meiner Serie?“

Heute nutzt er solche Patzer bewusst, um zu zeigen, dass Perfektion langweilig ist.

Wichtiger ist, zu seinen Fehlern zu stehen. Sie machen ein Projekt lebendig.
— Erik Schlicksbier

Die Heldinnen – Mut, Schmutz und echte Geschichten

Mit seiner SHEROES-Serie setzt Schlicksbier ein Zeichen: Mädchen zwischen neun und sechzehn Jahren inszenieren sich als Piratinnen, Wikingerinnen oder Räuberinnen – mutig, stark und manchmal blutig.

„Es gibt zu wenig weibliche Identifikationsfiguren. Ich will zeigen, dass Mädchen genauso kämpfen können wie Jungs.“

Die Shootings sind aufwendig, aber real: kein CGI, kein Photoshop-Blut. Alles echt – und mit voller Begeisterung der Kinder: „Die geben 120 Prozent, weil sie ernst genommen werden.“

So entsteht eine doppelte Ebene: Kinder spielen Heldinnen, aber sie sind auch welche – weil sie sich selbst in diesen Rollen wiederfinden.

Der Wert von Feedback und Unvollkommenheit

Ob beim Zine oder beim Fotoprojekt: Schlicksbier sucht aktiv den Austausch.

„Zeigt eure Arbeiten, holt euch Feedback – aber wählt eure Sparringspartner mit Bedacht.“

Er nutzt Tools wie FileStage, um Entwürfe mit Freunden oder der KI zu besprechen.

Gleichzeitig warnt er vor Perfektionismus:

Wenn du auf den perfekten Moment wartest, veröffentlichst du nie. 90 Prozent sind oft genug.
— Erik Schlicksbier

Was du aus diesem Gespräch mitnehmen kannst

  • Mach statt zu meckern: Wenn dir etwas fehlt, erschaffe es selbst – im Kleinen beginnen, z. B. mit einem Zine.

  • Print ist nicht tot: Gerade in digitalen Zeiten wächst die Sehnsucht nach Haptik, nach Dingen, die bleiben.

  • Schreibe über deine Arbeit: Worte vertiefen Bilder. Sie machen deine Motivation sichtbar.

  • Fehler gehören dazu: Sie machen Projekte menschlich und fördern neue Ideen.

  • Suche Feedback – aber bleib dir treu: Kritik ist wertvoll, doch am Ende entscheidest du.

Fazit

Erik Schlicksbier steht für eins: weniger jammern, mehr machen!

Sein Magazin “Gedanken zur Fotografie” ist kein Hochglanzprodukt, sondern ein Plädoyer fürs Unperfekte, fürs Denken, fürs Teilen.

Es erinnert uns daran, dass Kreativität nicht in Perfektion entsteht, sondern im Tun – und im Mut, Dinge auszuprobieren.

Oder, wie er sagt:

Warum macht ihr keine Zines? Es gibt keine Entschuldigung mehr.
— Erik Schlicksbier

Links

Mit dem Code ARF-ZINE erhältst du bis zum 31. Dezember 2025 15 Prozent Rabatt auf deine Magazin-Bestellung von „Gedanken zur Fotografie“.



Über Erik Schlicksbier

Erik Schlicksbier ist Fotograf, Dozent und Autor.

Er arbeitet im Bereich Porträt- und Reportagefotografie, betreibt den Podcast Studio Kreativ Kommune und das Magazin “Gedanken zur Fotografie”.

Zudem unterrichtet er Fotorecht und gibt Workshops zu Storytelling, Porträt und Buchgestaltung.

Seine Bildserie “Broken Body” wurde über Kickstarter realisiert und international  ausgestellt.


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Kai Behrmann

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